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Völkerschauen im Zoo Frankfurt - eine Distanzierung

Der Frankfurter Zoo ist der zweitälteste Zoo in Deutschland. In seiner mehr als 160-jährigen Geschichte wurde er geprägt von seinen Direktoren, von lokalen Entwicklungen, von wissenschaftlichen Erkenntnissen und natürlich auch von großen gesellschaftlichen und politischen Strömungen und Ereignissen. Die tiefsten Einschnitte stellten die beiden Weltkriege dar, aber auch die Zeit des Kolonialismus hinterließ ihre Spuren, die der Bewusstmachung und Aufarbeitung bedürfen.

Im Frankfurter Zoo fanden in der Zeit von 1878 bis 1931 mehr als zwei Dutzend sogenannte Völkerschauen sowie die zweimalige Zurschaustellung von Krao, einem Mädchen mit physischen Besonderheiten, statt.

Es waren zumeist Unternehmer wie der Tierhändler Carl Hagenbeck, die als Veranstalter der Völkerschauen auftraten und diese in attraktiven Veranstaltungsorten wie Zoos oder Museen ausrichteten. Hagenbeck begann 1874 damit, Menschen aus „seinen Tierfanggebieten“ zu engagieren und sie gemeinsam mit ihren Alltagsgegenständen sowie den gefangenen Tieren nach Europa zu bringen. Es ist dokumentiert, dass Arbeitsverträge abgeschlossen und auch Löhne gezahlt wurden. Allerdings ist anzunehmen, dass die Mehrzahl der Angeworbenen kaum in der Lage war, die Verträge zu lesen und zu deuten. Belegt ist, dass die Tourneen für manche in der Katastrophe endeten, so etwa für eine achtköpfige Gruppe von Labrador Inuit. Sie erkrankten 1881 nach ihrem Aufenthalt in Frankfurt an Pocken und starben. Selbst für den Fall, dass die Reise nach Europa freiwillig angetreten wurde, ist doch davon auszugehen, dass die Vorführungen des Alltags- und Familienlebens oftmals die Grenzen zur Demütigung überschritten. Auch dürfte klar sein, dass die lange Abwesenheit von Zuhause, das fremde Klima, die permanente Öffentlichkeit und etliche Faktoren mehr äußerst belastend gewesen sein müssen.

Aus heutiger Sicht sind die Völkerschauen als ausgesprochen menschenverachtend zu kritisieren und nicht akzeptabel. Das Argument der Bildung, das seinerzeit eine Rolle gespielt haben mag, tritt zurück hinter die kommerziellen Interessen der Ausrichter, die Schaulust und die Demonstration eines weit verbreiteten Überlegenheitsgefühls gegenüber den zur Schau gestellten Menschen fremder Völker. Das zum Teil erhebliche Leid der Betroffenen wurde dabei offenbar von einer Mehrheit der Initiatoren und des Publikums in Kauf genommen. Auch wenn Völkerschauen und ähnliche Phänomene im geschichtlichen Kontext gesehen werden müssen, werden sie dadurch nicht legitimiert. Eine Aufarbeitung und Auseinandersetzung mit dem Thema ist unbedingt notwendig für die Bewusstseinsbildung heutiger und zukünftiger Generationen.

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